Smart Farming: Digitalisierung in der Landwirtschaft
Auf dem Acker arbeiten Landmaschinen GPS-gestützt und sensorgesteuert. So kann der Landwirt die Entwicklung und die Nährstoffversorgung von Pflanzen punktgenau beobachten und steuern. Im Stall misst währenddessen die Technik die Gesundheits- und Leistungsdaten jedes einzelnen Tiers und ermöglicht so eine individuelle Betreuung: Die Landwirtschaft entwickelt sich rasant zu einer digitalisierten Branche. Schon heute nutzt mehr als jeder Zweite in der Branche (53 Prozent) digitale Lösungen.
Das zeigt eine repräsentative Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unterstützt vom Deutschen Bauernverband (DBV) unter 521 Landwirten und Lohnunternehmern. Lohnunternehmer arbeiten als Dienstleister für Landwirte. „Die Digitalisierung der Arbeit auf dem Acker und im Stall bedeutet einen enormen Fortschritt für die landwirtschaftliche Praxis, den Umweltschutz und das Tierwohl. Die Landwirte erkennen diese Chance und investieren nachhaltig, um diese Entwicklung voranzutreiben. Die Politik auf EU-, Bundes- und Landesebene ist nun gefordert, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um dieses Potenzial weiter auszuschöpfen“, erklären dazu Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder und DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken.
Neue Sensortechniken und miteinander kommunizierende Maschinen geben dem landwirtschaftlichen Unternehmer ganz neue Möglichkeiten an die Hand. Die im Betrieb gewonnenen digitalisierten Daten werden ausgewertet und verknüpft, um Betriebsabläufe zu optimieren, die Tierhaltung zu verbessern und die Umwelt zu schonen. Landmaschinen, mit denen die Bodenbearbeitung, Aussaat, Pflanzenpflege und Ernte digital erfolgt, nutzen bereits vier von zehn (39 Prozent) Landwirten beziehungsweise Lohnunternehmern. Das gewährleistet eine optimale Entwicklung bei gleichzeitig hoher Umweltverträglichkeit. Auch die Haltung der Nutztiere verändert sich rasant durch die Digitalisierung. Mit einer digitalen tierindividuellen Fütterung versorgt heute schon jeder zweite Landwirt (51 Prozent) seine Tiere.
Fütterungsautomaten sichern eine alters- und leistungsoptimierte Ernährung des einzelnen Nutztieres und alarmieren den Landwirt, wenn es bei der Fütterung Probleme gibt. So werden zum Beispiel kranke Tiere, die zu wenig fressen, sofort erkannt. Tierspezifische Daten, etwa zur Bewegung oder zum Fressverhalten und zur Tieraktivität, können mittlerweile mit einer Vielzahl von Sensoren erfasst werden. Roboter sind bei 8 Prozent aller Betriebe im Einsatz, besonders stark verbreitet wiederum in der Tierhaltung: Mehr als ein Drittel (37 Prozent) setzt auf die Robotertechnik, mit der zum Beispiel der Stall gesäubert oder das Melken tiergerechter durchgeführt werden kann.
„Die Landwirtschaft steht derzeit vor riesigen Herausforderungen: hoher Preisdruck, harte internationale Konkurrenz, weltwirtschaftliche Zwänge sowie steigende Anforderungen an die Qualität von Lebensmitteln und Umweltschutz. Eine effiziente und ressourcenschonende Bewirtschaftung ist deshalb wichtiger denn je. Dabei helfen digitale Technologien“, betont Rohleder.
So sagen neun von zehn Befragten (88 Prozent), dass die Digitalisierung die Ressourceneffizienz in der Landwirtschaft erhöht. Beinahe ebenso viele (86 Prozent) sehen dank digitaler Technologien eine umweltschonendere landwirtschaftliche Produktion, weil Sensoren exakt den Bedarf der Pflanzen ermitteln und deshalb Dünge- und Pflanzenbehandlungsmittel punktgenau ausgebracht werden können – nur dort, wo sie benötigt werden. Dank der Digitalisierung wird auch präziser und damit wassersparender bewässert. Drei Viertel (75 Prozent) der Befragten meinen, dass sie dank digitaler Technologien langfristig ihre Kosten senken können. 67 Prozent sagen, dass Smart Farming auch die Qualität der landwirtschaftlichen Erzeugnisse verbessert.
Insgesamt zwei Drittel der Befragten sehen die Digitalisierung der Branche als Chance, nur 13 Prozent als Risiko. Gefragt nach den drei wichtigsten Vorteilen von Landwirtschaft 4.0 nennen rund vier von zehn Befragten (39 Prozent) die körperliche Entlastung, die die Digitalisierung mit sich bringt. 37 Prozent sehen die höhere Produktionseffizienz als wichtigsten Vorteil. Beinahe ebenso viele (36 Prozent) nennen die Zeitersparnis und die geringere Umweltbelastung (31 Prozent). „Die Digitalisierung in der Landwirtschaft trägt dazu bei, den landwirtschaftlichen Betrieb effizienter zu führen. Der Landwirt wird zudem in die Lage versetzt, die betrieblichen Abläufe ganzheitlicher zu betrachten. Dies verbessert die Ökobilanz im Ackerbau und die Haltungsbedingungen bei den Nutztieren“, sagt Krüsken. Dies sei für kleine wie größere Betriebe von hohem Nutzen.
Die Digitalisierung hilft dabei, den zunehmenden Anforderungen nach Transparenz nachzukommen. So können die Verbraucher und Kunden genau verfolgen, wo ihre Kartoffeln herkommen, aus welchem Saatgut und mit welcher Pflanzenpflege sie entstanden sind“, so Rohleder. Krüsken ergänzt: „Der Einsatz digitaler Technologien steigert die Akzeptanz moderner Landwirtschaft in der Öffentlichkeit und versachlicht die kritische öffentliche Diskussion darüber. Denn High-Tech ermöglicht, noch nachhaltiger zu arbeiten, weil dadurch das Tierwohl erhöht wird und die Felder pflanzen- und umweltgerechter bewirtschaftet werden.“
So sinnvoll das aus Verbrauchersicht erscheint, so groß sind die diesbezüglichen Befürchtungen der Branche: Sorge um die Datensicherheit beziffern vier von zehn Befragten (42 Prozent) als Nachteil von Landwirtschaft 4.0 und als Hemmnis der digitalen Transformation der Branche. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) befürchtet mehr staatliche Kontrollmöglichkeiten durch die Digitalisierung. Knapp ein Drittel (30 Prozent) meint, dass die Sorge um den Verlust der Datenhoheit die Digitalisierung der Branche bremst. Gleichwohl ist die große Mehrheit (84 Prozent) unter bestimmten Voraussetzungen dazu bereit, digital erhobene Betriebsdaten zur Verfügung zu stellen, etwa wenn sich dafür der bürokratische Aufwand reduzieren würde (60 Prozent). „Big Data eröffnet der Landwirtschaft ein riesiges Potenzial. So könnte etwa der Aufwand für die immense Nachweis- und Dokumentationspflicht erheblich reduziert werden. Kehrseite sind berechtigte Datenschutzsorgen. Digital erhobene Daten dürfen nicht von Dritten missbraucht werden, sondern müssen optimal geschützt sein“, so Rohleder.
Quelle: Bitkom