Satellitenschwarm soll 5G-Mobilfunk flächendeckend verfügbar machen
„New Space“ trifft auf die 5. Mobilfunkgeneration: Ein Bremer Konsortium aus Wirtschaft und Wissenschaft entwickelt eine Software-Plattform für die Optimierung von Satellitennetzen. Dabei geht es um den Aufbau einer satellitengestützten Kommunikationsebene für den 5G-Mobilfunk, die das Netz am Boden ergänzt. Sie soll den Zugang zu einem Internet effizienter gestalten, das überall und für alle Anwendungen verfügbar ist – unerlässlich in Bereichen wie Logistik, Schifffahrt und autonomes Fahren.
Die Raumfahrtbranche verändert sich: Immer mehr private Akteure drängen auf den staatlich geprägten Markt und bringen neue Geschäftsmodelle mit. Eine Folge ist die verstärkte Nutzung von Kleinsatelliten, die im Vergleich zu bisherigen großen und teuren Satelliten kostengünstig und flexibel einsetzbar sind. Dieser oft unter dem Schlagwort „New Space“ zusammengefasste Trend bietet nach Meinung eines Konsortiums unter Leitung von Professor Armin Dekorsy (Universität Bremen) zukünftig die Chance, Deutschland flächendeckend mit Mobilfunk der neuesten Generation („5G“) zu versorgen. Gemeinsam entwickeln die Beteiligten zunächst eine Softwareplattform zur Evaluierung und Optimierung neuester 5G-Kommunikationstechnologien für Satellitennetze und deren Missionsplanung.
Dem Projekt 5GSatOpt („Design, Evaluation and Optimization of 5G Satellite Constellations for the Internet of Everything and Everywhere”) haben sich neben der Universität Bremen auch die Unternehmen DSI Aerospace Technologie GmbH, OHB System AG und ZARM Technik AG angeschlossen. Gefördert wird das Projekt vom Land Bremen mit Mitteln aus dem EU-Programm EFRE.
Chance für ländliche Räume
Die 5. Mobilfunkgeneration soll im Idealfall eine Bandbreite von 10 bis 20 Gigabit pro Sekunde erreichen und verschiedene weitere Vorteile gegenüber der 4. Generation (LTE) aufweisen. Neben Privatanwendern und der Industrie ist dies beispielsweise für autonom betriebene Maschinen in der Landwirtschaft und für die präzise Koordination von Rettungsdiensten interessant, aber auch Logistik-Unternehmen und die Schifffahrt benötigen das „Internet of Everything and Everywhere“ (IoEE). Nicht zuletzt kann auch das autonome Fahren nur dort zum Einsatz kommen, wo die Netzinfrastruktur auf 5G ausgelegt ist.
Das Problem: In Deutschland sollen bis Ende 2022 zwar mindestens 98 Prozent der Haushalte auf 5G zugreifen können, aber nur 80 Prozent der Fläche werden versorgt sein. Viele ländliche Regionen bleiben also weiterhin abgehängt.
Ein Netzwerk aus Kleinsatelliten kann eine vollständige Abdeckung gewährleisten und die Datenübertragung insgesamt effizienter gestalten. Dies ist möglich, indem eine Vielzahl von Satelliten – eine sogenannte Megakonstellation – in eine erdnahe Umlaufbahn entsandt und miteinander vernetzt wird. „So kann neben der Kommunikationsebene am Boden eine zweite Ebene in rund 1.000 Kilometern Höhe aufgebaut werden“, erklärt Professor Dekorsy.
Expertise in Bremen gebündelt
Alle notwendigen Kompetenzen für die Realisierung eines solchen Netzes sind am Raumfahrtstandort Bremen vorhanden. Die Arbeitsgruppe von Professor Dekorsy am Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen ist bereits seit Beginn an der Entwicklung des 5G-Mobilfunkstandards beteiligt und verfügt über die nötige Expertise in der Nachrichtentechnik. Die Arbeitsgruppe Optimierung und Optimale Steuerung am Zentrum für Technomathematik der Universität Bremen (Professor Christof Büskens) bringt Know-how bei der Optimierung komplexer Systeme ein, während das ZARM (Professor Claus Lämmerzahl) einen Schwerpunkt bei der Missionsplanung setzt. Die ZARM Technik adressiert hierbei die Ausrichtung der Satelliten im Weltraum, OHB und DSI verfügen über jahrzehntelange Erfahrung bei der Konstruktion von Satelliten und Kommunikationsmodulen.
Im ersten Schritt, der am 1. Mai 2019 begann und auf ein Jahr angelegt ist, entwickeln die Projektpartner eine Software-Plattform zur Simulation und Planung eines 5G-Satellitennetzes. Die Plattform soll Fragen beantworten können wie: Welche maximale Datenrate kann in einer Region wie Norddeutschland garantiert werden? Wie viele Satelliten werden benötigt? Wie weit darf ihr Abstand voneinander maximal sein? Und wie werden sie am effizientesten vernetzt – auch mit den Bodenstationen?
Weitere Anwendungen ohne großen Aufwand möglich
Darüber hinaus könnte ein solches Netz aus Kleinsatelliten zusätzlich für andere Zwecke genutzt werden, beispielsweise für die Erdbeobachtung und zur Klimaforschung. Dazu müssen die Kleinsatelliten nur um ein zusätzliches Beobachtungsmodul erweitert werden. Die Kooperation der Bremer Akteure legt das Fundament für derartige flexible und modulare Systeme, die sich durch das hohe Maß an Effizienz von vergleichbaren Projekten aus den USA oder China abheben können.
Quelle: Universität Bremen